Stockelsdorf

Preis für Konfirmanden aus Stockelsdorf

Propst Peter Barz sprach von „einer Reihe richtig beeindruckender Arbeiten“ und auch die anderen Jurymitglieder waren ganz angetan von der großen Ernsthaftigkeit der eingesandten Wettbewerbsbeiträge.

Unter dem Motto „Suche Frieden und jage ihm nach – Spurensuche in Ostholstein“ hatte der Kirchenkreis Ostholstein in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Ahrensbök im März 2019 vor allem junge Leute aber auch Erwachsene dazu aufgerufen, geschichtliche Ereignisse in Ostholstein in den Blick zu nehmen. Am Mittwochabend (20.11.) nun wurden in der Gedenkstätte die Preisträger vorgestellt. Die drei gleichberechtigt erstplatzierten Teilnehmer, die sich über jeweils 1000 Euro freuen dürfen, sind Jugendliche aus Schönwalde, aus Bannesdorf auf Fehmarn und aus Stockelsdorf. Darüber hinaus wurden weitere eingereichte Beiträge gewürdigt. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Ingo Gädechens, der ebenfalls der Jury angehörte, resümierte: „Gewinner sind alle, die sich an der Spurensuche beteiligt haben.“

Die Konfirmandengruppe aus Stockelsdorf unter Leitung der Pastorin Almuth Jürgensen und des Künstlers René Blättermann hatte sich über mehrere Monate mit dem jüdischen Friedhof des Ortes beschäftigt, auf dem sich 36 Grabmale von Stockelsdorfer und Fackenburger Jüdinnen und Juden aus den Jahren 1812 bis 1919 befinden. Die Jugendlichen leisteten durch Aufräum- und Pflegemaßnamen nicht nur einen Beitrag zum Erhalt der Anlage, sondern unterstützten auch das Autorenteam, das Mitte des Jahres eine Dokumentation des Friedhofs als Buch herausbrachte. Vor allem aber begaben sich die Jungen und Mädchen vor Ort selbst auf Spurensuche und lernten sogar ein klein wenig Hebräisch. So entstand ein Wandkalender mit Buchstaben des hebräischen Alphabets, der sicher nicht nur für Familienangehörige von Interesse ist. Propst Peter Barz, der sich das Projekt während einer Visitation schon einmal hatte erläutern lassen, zeigte sich „wirklich überzeugt von eurer Arbeit“. „Es ist wunderbar, dass ihr euch mit jüdischer Tradition auseinandersetzt und euch darauf einlasst“, sagte er.

Konfirmanden aus Schönwalde beschäftigten sich mit den Schicksalen von fünf Schönwalder Bürgerinnen und Bürgern, die als Kinder die Flucht und Vertreibung aus Ostpreußen, Pommern, Schlesien oder Mecklenburg erlebten. Daraus entstand unter Betreuung von Pastor Dr. Arnd Heling eine Ausstellung mit insgesamt sechs Schautafeln, die am Vorabend des Volkstrauertags in der Kirche eröffnet wurde und dort bis auf Weiteres gezeigt wird. Die Senioren erzählten den jungen Leuten von ihrer Flucht, von den teils traumatischen Erlebnissen auf dieser Flucht und ihren ganz persönlichen Gefühlen, wenn sie heute an diese Zeit zurückdenken. Neben den Schautafeln werden auch kleine Dinge gezeigt, mit denen die Betroffenen sehr viel verbinden. So etwa ein Angelrute, mit der einer der Porträtierten als kleiner Junge seine Familie mit ernähren half. „All das ist menschlich-emphatisch und zugleich professionell überzeugend gemacht, so dass wir gesagt haben: Das ist hervorragend geglückt“, sagte Präses Dr. Peter Wendt, der mit in der neunköpfigen Jury saß. Die Jugendlichen hätten „fast Vergessenes wieder in die heutige Zeit geholt.“

Eine intensive Recherche leisteten Jule Lange (14) und Jöngke Schmahl (17) aus Bannesdorf auf Fehmarn, die gemeinsam mit Ruth Grahl den Schicksalen von Kindern, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen auf den Grund gingen, die in den Jahren 1942-45 auf der Insel den Tod fanden. Insgesamt fanden sie in den Kirchenbüchern der vier Standesämter der Insel und der Kirchenbücher von Bannesdorf und Petersdorf die Namen von 17 Menschen, darunter acht Säuglinge sowie vier Fälle, bei denen es sich offenbar um Hinrichtungen oder Mord handelte. Für ihre Recherche machten sich die Jugendlichen eigens mit dem Lesen der Sütterlinschrift vertraut. Einen Teil ihres Preisgelds wollen sie dafür verwenden, an der Kirche in Bannesdorf eine Gedenktafel für die Verstorbenen anzubringen. Dr. Ingaburgh Klatt, Leiterin der Gedenkstätte Ahrensbök, die sich seit Jahren mit den Opfern von Zwangsarbeit beschäftigt, sprach davon, wie wenig Unrechtsbewusstsein in der Bevölkerung zu diesem unbequemen Thema vorhanden sei. Umso höher sei die „intensive, akribische Forschungsarbeit“ der Jugendlichen zu bewerten. Sie lud das Trio ein, sich von ihr die Ausstellung zur Zwangsarbeit in Ahrensbök einmal persönlich erläutern zu lassen.

Ein mit 500 Euro dotierter Sonderpreis der Sparkassen-Stiftung ging an sieben Konfirmanden der Kirchengemeinde Timmendorfer Strand. Sie hatten mit exakt 810 Muscheln ein besonderes Gedenkzeichen für die Opfer der Schiffskatastrophe der Cap Arcona vom 3. Mai 1945 vor dem Ehrenmal auf dem Waldfriedhof an der B76 ausgelegt. 810 der mehreren Tausend Menschen, die bei der Versenkung des Schiffes und seiner Begleitschiffe ums Leben kamen, sind dort bestattet. Als f.rderungswürdig erschien besonders das noch andauernde Bemühen der Jugendlichen, vor Ort in Timmendorfer Strand eine Straße in Cap-Arcona-Straße umbenennen zu lassen.

Gewürdigt wurde außerdem ein Gottesdienst-Konzept, das sich kritisch mit der Verrohung unserer Sprache auseinandersetzt. Und eine Künstlerin, die sich selbst als Zeitzeugin versteht, soll verstärkt Gelegenheit erhalten, ihre als Ergebnis der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse entstandenen Kunstwerke im Kirchenkreis Ostholstein zu zeigen. Positiv bewertet wurde auch ein noch in Planung befindliches Projekt aus Timmendorfer Strand, bei dem es darum geht, das Kinder und Jugendliche im kommenden Jahr die Feiertage verschiedener Religionen feiern, um so deren Anlass und Inhalt bekannter zu machen.

Der Jury gehörten an: Präses Dr. Peter Wendt und Propst Peter Barz, Dr. Ingaburgh Klatt und Luisa Taschner von der Gedenkstätte Ahrensbök, der CDUBundestagsabgeordnete Ingo Gädechens und Jörg Schumacher, Gesch.ftsführer der Sparkassenstiftung Holstein. Ferner wirkten aus dem Kirchenkreis Ostholstein in der Jury mit: der Flüchtlingsbeauftragte Daniel Hettwich, Regine Maeting vom Jugendwerk sowie Pastor Michael Hanfstängl, zuständig für Mission, Ökumene und Gerechtigkeit.

Aussender: Kirchenkreis Ostholstein

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