Schleswig-Holstein übernimmt die Vizepräsidentschaft im Ostseeschutz
Umweltminister Jan Philipp Albrecht: “Wir werden unser besonderes Augenmerk auf Munitionsaltlasten, auf Meeresmüll und den Schutz der marinen Biodiversität legen.
Vom 1. Juli 2020 an übernimmt Deutschland zwei Jahre lang den Vorsitz der Helsinki Kommission zum Schutz der Meeresumwelt der Ostsee (HELCOM). Für Schleswig-Holstein ist diese Präsidentschaft der Ostsee-Anrainerstaaten von besonderer Bedeutung: Denn erstmals wird das nördlichste Bundesland bis Mitte 2021 die Vizepräsidentschaft übernehmen, ehe es an Mecklenburg-Vorpommern übergibt. Den Vorsitz selbst hat das Bundesumweltamt inne. In der Helsinki Kommission zum Schutz der Ostsee arbeiten alle Anliegerstaaten – Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen, Russland und Schweden – sowie die Europäische Union auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Übereinkommens zusammen.
“Ich sehe die Vizepräsidentschaft als große Chance, unsere schleswig-holsteinischen Schwerpunkte im Ostseeraum noch stärker als bisher zu platzieren”, sagt Schleswig-Holsteins Umweltminister Jan Philipp Albrecht. Er verweist darauf, dass Überversorgung mit Nährstoffen, Munitionsaltlasten, Meeresmüll, Unterwasserlärm und Klimawandel diejenigen Belastungen für die marinen Ökosysteme der Ostsee sind, die Deutschland in der Vorsitzzeit besonders bearbeiten möchte. Ein weiteres Ziel sei es, den Schutz von marinen Arten und Lebensräumen zu verbessern und dafür das Netzwerk mariner Schutzgebiete und sein effektives Management weiterzuentwickeln. Der wirtschaftliche Aufbau nach der Corona-Krise soll genutzt werden, Fortschritte für den Meeresschutz und auch bei Klimafragen zu erzielen. Nur resiliente Ökosysteme können den Belastungen durch Klimawandel und menschliche Aktivitäten standhalten. Zukünftige HELCOM-Entscheidungen sollen daher ausdrücklich auf ihre Relevanz für Klima und biologische Vielfalt überprüft werden. „Innerhalb dieses Themenspektrums wird Schleswig-Holstein ein besonderes Augenmerk auf Munitionsaltlasten und Meeresmüll, aber auch auf den Schutz der marinen Biodiversität und die für uns als Küstenland so wichtigen Folgen des Klimawandels richten“, sagt Minister Albrecht.
So wird hinsichtlich der Munitionsaltlasten ein Screening auf kampfmitteltypische Schadstoffe in den deutschen Küstengewässern entwickelt. Um das Problem des Meeresmülls durch verlorenes Fischereigerät, die sogenannten Geisternetze, in den Griff zu bekommen, ist geplant, effektive Methoden für Markierung, Suche sowie umweltverträgliche Bergung und Entsorgung der Geisternetze zu konzipieren. Umweltminister Albrecht betont, dass es insgesamt auf praktische Lösungsansätze ankomme, wie die Umsetzung des Projektes „Modellregion Schlei“ und der „Ostseestrategie 2100“, die Schleswig-Holstein als zwei „best-practice“-Beispiele bei HELCOM vorstellen und mit den Ostsee-Partnern weiterentwickeln werde.
Mit Blick auf europäische Verpflichtungen und die anstehende deutsche EU-Ratspräsidentschaft wird auf die Kohärenz mit den EU-Anforderungen, insbesondere der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, zu achten sein. „Schließlich ist auch die EU Vertragspartner bei HELCOM. Nicht nur deshalb müssen wir die inhaltlichen Überschneidungen zwischen HELCOMund der Umsetzung der EU-umweltrechtlichen Anforderungen dazu nutzen, Synergien zu erzeugen“, betont Minister Albrecht.
Deutschland setzt sich ferner für eine enge Verzahnung der Arbeiten der Helsinki Kommission mit weltweiten Zielen wie die der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen ein. Denn starke Regionalkooperationen wie HELCOM sind für einen globalen Meeresschutz unabdingbar.
Hintergrundinformationen
Die Helsinki Kommission (HELCOM) ist eine durch das Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt der Ostsee von 1974 (und aktualisiert 1992) eingesetzte zwischenstaatliche Organisation mit Sitz im finnischen Helsinki. Alle Anrainer der Ostsee sowie die Europäische Union arbeiten in der Kommission zusammen. Außerdem nehmen als Beobachter Nichtregierungsorganisationen teil. Der Vorsitz der Kommission wechselt alle zwei Jahre. Die HELCOM-Vertragsparteien haben sich verpflichtet, die Verschmutzung der Ostsee zu bekämpfen sowie das ökologische Gleichgewicht der Ostsee zu erhalten oder wiederherzustellen. Der Ostseeaktionsplan 2007-2021 konkretisiert strategische Ziele, um den guten Zustand der Ostsee zu erreichen. Er wird derzeit für die Dekade bis 2030 überarbeitet.
Nach der aktuellen ganzheitlichen Zustandsbewertung der Ostsee von 2018 stellen die Auswirkungen verschiedener menschlicher Aktivitäten und des Klimawandels die größten Bedrohungen dar. Zu den Hauptbelastungen gehören die Überversorgung mit Nährstoffen, zu hohe Schadstoffkonzentrationen, der Eintrag nicht-einheimischer Arten und die kommerzielle Fischerei. Weitere Probleme ergeben sich aus Überbauung, Kies- und Sandabbau, aus der Unterhaltung von Fahrrinnen, der Verlegung von Rohrleitungen und Kabeln sowie der Belastung mit Müll und dem Eintrag von Schall.
Quelle: MELUND SH