Hilflose Person im Schlafzimmer und dann auch noch Feuer im Treppenhaus
So oder so ähnlich hätte es sich zugetragen haben können. Feuerwehren üben verschiedene Szenarien im Bäckergang in einem Haus, welches die nächsten Wochen abgerissen wird.
Familie Stolzke aus Stockelsdorf plant den Neubau eines Einfamilienhauses im Bäckergang. Bevor es aber losgehen kann, muss das alte Haus abgerissen werden und einige Formalitäten erledigt werden. Dazu gehören die Meldungen an alle Versorger. Gas und Wasser müssen getrennt werden, das Energienetz muss abgestellt werden, die zukünftige Baustelle muss mit einen provisorischen “Baustrom” Verteiler versorgt werden und der Bezirksschornsteinfeger muss sein OK geben.
Schornsteinfegermeister Andreas Kurschies ist aber nicht nur Schornsteinfeger, sondern Gruppenführer und Ausbilder bei der Feuerwehr Mori und weiß um den besonderen Wert eines Abrisshauses als Übungs- und Ausbildungsort für die Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr.
Familie Stolzke ist auf Nachfrage gerne bereit, ihr altes und bereits komplett ausgeräumtes Haus, welches ja in den nächsten Wochen eh abgerissen wird, für Übungszwecke zur Verfügung zu stellen.
Auch der Feuerwehr Stockelsdorf, die sich quasi gegenüber befindet, wurde die Möglichkeit für Einsatzübungen und Ausbildungsdienste angeboten. “Diese Chance lassen wir uns nicht entgehen”, sagte Gruppenführer und Leiter der Ausbildungsgruppe Torben Hempel. “Leider haben wir viel zu wenig Möglichkeiten an einem realen Objekt zu üben. Was ist, wenn es mal schnell gehen muss und man nicht erst mit einem Türöffnungsset rumfingern kann, sondern “Gefahr in Verzug” ist und man mit dem Halligan-Tool oder der “Fiete”, einem selbst gebauten Rammbock, durch die verschlossene Tür muss. Das kann man schwerlich nur mit Theorie vermitteln, da muss die Türzarge oder die Tür selbst schon mal kaputtgehen dürfen. Minimalinvasiv ist da nicht.”
Für den aktuellen Ausbildungsdienst wurden relativ schnell verschieden miteinander kombinierte Szenarien ausgearbeitet und einzeln in Gruppen abgearbeitet.
Als erstes wurde eine einfache Öffnung der angekippten Balkontür im 1. OG über Steckleitern durchgeführt, dann eine Person, die sich selbst in einem Zimmer eingeschlossen hat und offensichtlich nicht mehr bewegen konnte, mittels Halligan-Tool befreit und zu allem Überfluß kam es auch noch zu einer Rauchentwicklung.
Ein Angriffstrupp kam unter Atemschutz über die Terrasse in das Gebäude und kühlte die Temperatur im Treppenhaus herunter, eine andere Gruppe lernte den Einsatz von Fognails (Löschlanzen) und die unterschiede der Typen defense (Verteidigung – Sprühnebel) und attack für den Löschangriff im Realbetrieb und mit Wasser.
“Natürlich haben wir die ‘Einsatzstelle’ ordentlich verlassen”, sagte Stefan Prüß. “Wir haben das Wasser wieder aufgenommen und darauf geachtet, dass es auch noch ‘Spielraum’ für die anderen Wehren gibt, die bestimmt ebenfalls diverse Einsatz-Szenarien trainieren wollen. Bei endsprechneden Schadenslagen geht es ja auch Hand-in-Hand und alle müssen wissen was zu tun ist.“
Nach den ersten Übungseinheiten am Dienstag wurde für die gesamte Wehr am Samstagabend ein Vollalarm mit Auslösung der Melder über die IRLS (Integrierte Rettungsleitstelle Süd) durchgeführt.
Dass es sich dabei um eine Übung handelte, wusste zu diesem Zeitpunkt noch keiner. Ein ausgelöster Rauchmelder und eine hilflose Person, die geborgen werden musste, waren Bestandteil dieser Alarmierung.