Koalition in Kiel bevorzugt bundesweite Lösung und macht Vorschläge für Öffnungsstufen
Die Landesregierung hat sich auf einen Perspektivplan zur schrittweisen Öffnung wegen der Corona-Pandemie stillliegender Lebensbereiche verständigt. Dies teilten Ministerpräsident Daniel Günther und seine beiden Stellvertreter, Finanzministerin Monika Heinold und Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg, heute (26. Januar) in Kiel mit. Dies sind Vorschläge, die Schleswig-Holstein bei der nächsten MPK einbringen wird, da Daniel Günther eine bundesweite Lösung bevorzugt.
Vorrang bei allen Entscheidungen müssten die Bereiche Kinderbetreuung und Schule haben, sagte Günther: “Für die Zeit nach dem 14. Februar braucht es einen Plan für eine inzidenzbasierte Vorgehensweise.”
Er habe Verständnis, dass nach Monaten des Lockdowns jeder Bereich so schnell wie möglich wieder an den Start gehen wolle, sagte Günther. “Notwendig ist jedoch ein planvolles Wiederanfahren von Lebensbereichen. Auf keinen Fall dürfen wir zulassen, dass unser Vorgehen eine erneute Zunahme des Infektionsgeschehens auslöst.”
Mit ihrem in den Details aufeinander abgestimmten Perspektivplan habe die Landesregierung die Belange von Bildung, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft in Einklang gebracht, sagte Günther. Wie bei den bisher ergriffenen Schutzmaßnahmen zur Abwehr des Virus gehe es darum, soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen. “Mit unserer klaren Prioritätensetzung in unserem inzidenzbasierten Perspektivplan haben wir genau dies getan”, sagte der Ministerpräsident.
Günther machte deutlich, dass die Verständigung der Landesregierung Grundlage für die Diskussion zwischen Bund und Ländern sein soll. Schleswig-Holstein wolle keinen Sonderweg gehen, sagte der Ministerpräsident und fügte hinzu: “Ich bin aber überzeugt, dass unser Vorschlag die Blaupause für eine bundesweitere Verständigung sein kann.” Die Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin hatte auf Betreiben Günthers in der vergangenen Woche die Einsetzung einer Arbeitsgruppe beschlossen, die bis zur nächsten MPK ein Konzept für eine sichere und gerechte Strategie erarbeiten soll.
Finanzministerin Monika Heinold sagte: “Unser Stufenplan ist ein Perspektivplan mit Blick in die Zukunft, ohne die Zukunft zu kennen. Es ist ein Fahrplan, der Hoffnung und Orientierung geben soll, indem Reihenfolge und Rahmenbedingungen unserer weiteren Schritte klar beschrieben werden. Für viele Menschen sind die Belastungen zurzeit sehr hoch. Wollen wir erreichen, dass sich Alle auch weiterhin an die Regeln halten und solidarisch zeigen, müssen wir Perspektiven aufzeigen. Der Stufenplan soll Friseursalons, Hotels, Sportvereine, aber auch Eltern von Schulkindern eine Orientierung geben. Sie müssen wissen, wie es für sie wieder in Richtung Normalität gehen kann.”
Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg sagte: “Die Akzeptanz der Regeln ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass die Maßnahmen auch wirken. Das ist für viele Menschen sehr anstrengend – und die Motivation sinkt naturgemäß, je länger die Pandemie dauert. Auch deswegen benötigen wir gut nachvollziehbare Stufen. Wenn es gelingt, dass sich die Länder auf ein gemeinsames Vorgehen nach unserem Plan einigen, schaffen wir zugleich die notwendigen regionalen Differenzierungen, die für die Akzeptanz in der Bevölkerung unabdingbar sind.”
Leitwert für Entscheidungen über Maßnahmen sei der 7-Tage-Inzidenzwert beim Infektionsgeschehen, sagte Günther. “Die Inzidenzwerte werden mit Hilfe eines dynamischen Faktors validiert. Dieser dynamische Faktor soll die jeweilige Auslastung der Intensivkapazitäten, die Reproduktionszahl, den so genannten R-Wert und weitere epidemiologische Aspekte, wie das Auftreten von Mutationen, die Situation des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und in der Perspektive auch die Impfquote in die Entscheidung über Öffnungsschritte einbeziehen.”
Der vier Stufen umfassende Perspektivplan bezieht sich auf alle durch die derzeit geltende Corona-Bekämpfungsverordnung betroffenen Lebensbereiche.
Stufe IV: Der Inzidenzwert liegt über 100:
In dieser Stufe werden keine Änderungen gegenüber dem Status Quo vorgesehen.
Stufe III: Der Inzidenzwert liegt sieben Tage stabil unter 100:
Es ist erlaubt, sich mit maximal fünf Personen aus zwei Hausständen zu treffen. Ausnahmen gelten hierbei für Kinder dieser zwei Hausstände bis 14 Jahre. In den Kitas beginnt ein eingeschränkter Regelbetrieb. Die Jahrgänge 1 bis 6 an den Schulen starten in den Wechselunterricht, liegt der Wert 21 Tage stabil unter 100, erfolgt Präsenzunterricht. Außerdem findet im Falle des Wechselunterrichts weiterhin eine Notbetreuung statt. Für die Jahrgänge 7 bis 13 bleibt es – mit Ausnahme der Abschlussklassen – beim Distanzlernen.
Elementare körpernahe Dienstleistungen werden wieder zulässig. Damit können zunächst insbesondere Friseure wieder öffnen. Menschen in Krankenhäusern oder Pflegeheimen, die derzeit nur von einer jeweils registrierten Person besucht werden können, dürfen – getrennt – zwei Besucher empfangen, wenn diese Personen nicht zu einem Haushalt gehören. Die Testpflicht bleibt bestehen.
Sportanlagen für den Individualsport im Außenbereich werden nach 21 Tagen stabiler Inzidenz unter 100 wieder in den Betrieb gehen. Zu diesem Zeitpunkt dürfen auch Zoos und Wildparks ihre Tore wieder öffnen.
Stufe II: Der Inzidenzwert liegt sieben Tage stabil unter 50:
Die Kitas wechseln in den Regelbetrieb, die Klassenstufen 1-6 haben wieder Präsenzunterricht und die Klassenstufen 7-13 an den Schulen gehen in den Wechselunterricht, Abschlussklassen in den regelhaften Präsenzbetrieb. Bleibt der Inzidenzwert weitere 14 Tage lang unter 50 findet auch in den Klassenstufen 7-13 wieder Präsenzunterricht statt.
An den Hochschulen sind wieder praktische Lehrveranstaltungen erlaubt. Präsenzprüfungen sind mit begrenzter Teilnehmerzahl unter Hygieneauflagen wieder möglich.
Auch der Einzelhandel kann mit Auflagen wie der Maskenpflicht und einer Zugangsbeschränkung (10 Quadratmeter je Person) wieder öffnen. Dasselbe gilt für weitere körpernahe Dienstleistungen wie die kosmetische Fußpflege, Nagelstudios oder Maniküre.
Ebenfalls mit Auflagen kann auch die Gastronomie wieder an den Start gehen. Erlaubt ist zunächst die Bewirtung von 50 Prozent der nach dem jeweiligen Hygienekonzept zulässigen Sitzplätze. Die Öffnungszeit ist noch von 5 bis 22 Uhr beschränkt.
In Krankenhäusern und Pflegeheimen darf Besuch von maximal zwei Personen gleichzeitig empfangen werden. Hier gilt weiterhin die Pflicht, einen negativen Corona-Test vorzulegen.
Stufe II: Der Inzidenzwert liegt 21 Tage lang stabil unter 50,
– können Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätze auch für touristische Zwecke – unter Einsatz von Corona-Schnelltests – ihren Betrieb wieder aufnehmen. Dafür wird ein Testregime erarbeitet.
– wird die Begrenzung der Gästezahl in der Gastronomie aufgehoben; die Abstandsregel bleibt einzuhalten.
– können Theater, Konzerthäuser und Kinos für einzelne Schulkohorten wieder öffnen.
– dürfen Fitnessstudios mit Kapazitäts- und Nutzungsbegrenzung öffnen.
– In kontaktarmen Sportarten können Sportgruppen für Kinder bis 12 Jahre in festen Kohorten mit maximal zehn Personen zugelassen werden, außerdem öffnen Sportanlagen für Individualsport im Innenbereich.
– wird die Grenze zur Anzeigepflicht für Veranstaltungen religiöser Gemeinschaften angehoben.
– können Jugend- und Freizeittreffs mit festen Gruppengrößen wieder Aktivitäten anbieten.
Stufe I: Der Inzidenzwert liegt sieben Tage stabil unter 35:
Es dürfen sich wieder bis zu zehn Personen aus mehreren Haushalten treffen. Die Schulen wechseln wieder vollständig in den Regelbetrieb. An den Hochschulen sind Präsenzlehr- und Erstsemesterveranstaltungen in Kohorten zulässig. Präsenzprüfungen finden unter Hygieneauflagen statt. Bibliotheken öffnen unter Hygieneauflagen.
Veranstaltungen mit Sitzungscharakter und streng begrenzter Teilnehmerzahl sind mit Hygienekonzept wieder zulässig. Für die Gastronomie wird die Gästebegrenzung aufgehoben, die Auslastung der Lokalitäten orientiert sich an der Abstandsregel. Auch Bars und Kneipen dürfen wieder öffnen; Gäste müssen dabei feste Sitzplätze haben, ein Hygienekonzept ist erforderlich, die Kontaktdaten der Gäste müssen erhoben werden. Bei einer stabilen Entwicklung des Inzidenzwertes entfällt nach 21 Tagen die Sperrstunde für die Gastronomie.
Im Breitensport ist der Kontaktsport bei Bildung fester Gruppen nach 21 Tagen wieder erlaubt. Nach sieben Tagen öffnen Hallen- und Spaßbäder sowie Saunen wieder. Auch Freizeitparks dürfen wieder öffnen, Ausflugsschiffe wieder ablegen.
Theater, Konzerthäuser oder Kinos dürfen nun auch für die Allgemeinheit öffnen, allerdings mit einer begrenzten Personenzahl. Sportveranstaltungen im Profi- wie im Amateurbereich dürfen wieder mit einer zunächst begrenzten Zuschauerzahl stattfinden, wenn der Inzidenzwert 21 Tage unter 35 liegt. Für religiöse Veranstaltungen wird die Teilnehmerzahl angehoben. Für Pflegeheime und Krankenhäuser sollen – abgesichert durch ein Hygienekonzept – erweiterte Besuchsmöglichkeiten gelten.