Studierende der TH Lübeck und TU Istanbul arbeiten zusammen für das Klima
Dämmen mit Stroh, Stromgewinnung durch Abwärme, Abwasseraufbereitung durch Algen klingen manchmal nach Zukunftsmusik, ist aber durchführbar, wie der „Solar Decathlon“ beweist.
Die Aufbauphase des weltweit größten Bauwettbewerbs für Hochschulen „Solar Decathlon“ startet am 19. Mai. Das binationale Team „Deeply High“ der TH Lübeck und der TU Istanbul hat sich mit ihrem Konzept einer Gebäudeaufstockung für den Wettbewerb qualifiziert, der nach Spanien, Frankreich und Ungarn nun erstmalig auf deutschem Boden in Wuppertal ausgetragen wird.
Nach langen Monaten der Ideenfindung, gemeinsamen Treffen in Istanbul und einer intensiven Bauphase in Lübeck konnte das Team Deeply High der TH Lübeck und der TU Istanbul (ITU) ihre Gebäudeaufstockung zum Solar Decathlon Europe nach Wuppertal bringen. Über 1.200 Studierende aus 11 Ländern zeigen hier bei der Olympiade des nachhaltigen urbanen Bauens und Wohnens vom 10. bis 26. Juni ihre Ideen für klimafreundliche Städte. Das Besondere: Es wird wirklich gebaut – keine Modelle, sondern 18 echte und vollfunktionierende Gebäude. Gegen die anderen 17 Teams konnte sich Deeply High jetzt schon in einem Punkt durchsetzen. Ihre Aufstockung soll nach dem Wettbewerb als Wohnung für Mitarbeitende der Universität in Wuppertal bleiben. „Für nachhaltiges Planen und Bauen ist das eine klare Botschaft“, sagt Prof. Heiner Lippe der TH Lübeck.
Als Konkurrenten kennengelernt, als Team herausgegangen
Das türkisch-deutsche Team hat sich beim vorherigen Solar Decathlon in Marokko kennengelernt. Als Konkurrenten 2019 gegeneinander angetreten, verfolgen sie nun gemeinsam beim SDE 21/22 das Ziel, architektonische Lösungen für eine nachhaltige Zukunft im Baugewerbe zu entwickeln. „Ich denke wir sind das beste Beispiel für Teamwork“, sagt Zeynep Çetin der ITU, die für die Arbeiten in Lübeck extra aus Istanbul nach Deutschland gekommen ist. Das Team Deeply High widmet sich in ihrer Aufgabenstellung ganz praktisch einem Problem, das es in fast allen Städten gibt: zu wenig Wohnraum. In den letzten Monaten haben sie an einer umweltfreundlichen Gebäudeaufstockung gearbeitet, um einen Beitrag zur urbanen Nachverdichtung zu leisten.
Die Lösung: Gebäudeaufstockung
Als Beispiel diente ein klassischer Sozialbau der 50er bis 90er Jahre in Kiel. Der gewählte Gebäudetyp des Teams ist zu zehntausenden in Deutschland zu finden, wodurch die klimafreundlichen Gebäudelösungen als Methode auch an anderen Standorten umgesetzt werden können. Mit dem Ziel möglichst: nachhaltig, erschwinglich, inklusiv und wirtschaftlich zu sein. Um dies zu erreichen setzt das Team auf nachhaltige Materialien mit einem hohen Recyclingpotenzial, eine sozialverträgliche Architektur, lokal verfügbare Ressourcen sowie erneuerbare Energien.
Wasseraufbereitung durch Algen, Dämmung mit Stroh
Zu den Planungen des Teams gehören beispielsweise Wintergärten. Im Bereich der Technischen Gebäudeausrüstung kombiniert Deeply High altbewährte sowie neu entwickelte Systeme. Beispiele sind die Entwicklungen der organischen Photovoltaik, der Stromgewinnung durch Abwärme und das Thema der Algaetecture. Hierbei handelt es sich zum einen um die natürliche Abwasseraufbereitung durch Algen, wodurch Wasser in unterschiedlichen Qualitäten gewonnen und zum Beispiel für das Wäschewaschen, für die Toilettenspülung oder für die Bewässerung von Gemüsepflanzen eingesetzt werden kann. Für die Dämmung der Wände verwendet das Team nachwachsende Rohstoffe wie Stroh aus der Region.