Verkehrsversuch Fackenburger Allee startet
Die ersten Tage werden nicht leicht werden. Jeder muss sich erst einmal zurechtfinden. Radfahrer fragen sich: Was mache ich, wenn ein Bus vor mir hält? Auslieferungsfahrer würden diese Strecke am liebsten meiden und Anwohner fragen sich, wohin mit ihrem Auto. Aber erst einmal abwarten, vielleicht wird es ja gar nicht so schlimm.
Eine faire und sichere Verkehrsaufteilung, eine höhere Lebensqualität für Anwohner:innen und weniger CO2-Emissionen für die Umwelt – am Freitag, 22. Juli 2022, startet in der Fackenburger Allee der ergebnisoffene Verkehrsversuch in die erste Projektphase. Ab diesem Tag gelten in der Fackenburger und Krempelsdorfer Allee bis voraussichtlich Dezember 2022 neue Verkehrsregeln.
Mit dem Verkehrsversuch reagiert die Stadt Lübeck auf zahlreiche Forderungen für mehr Klimaschutz und Lebensqualität in der Hansestadt. „Das Projekt ist eine große Chance und ein wichtiger Auftakt für die Mobilitätswende in Lübeck. In den kommenden Monaten werden wir vermutlich viele aussagekräftige Erkenntnisse gewinnen können, um auch langfristig zukunftsfähige und faire Verkehrskonzepte zu entwickeln“, betont Bausenatorin Joanna Hagen. Projektleiter Jens Johannsen ergänzt: „Es ist an der Zeit, dass die Fackenburger Allee sicherer, grüner, leiser und klimafreundlicher wird. Gemeinsam mit den Lübeckerinnen und Lübeckern gehen wir das jetzt an.“
Die verkehrlichen Änderungen im Überblick
Vom 22. Juli 2022 bis zum Ende der ersten Projektphase wird der Versuchsraum neu aufgeteilt. Hieraus ergeben sich folgende verkehrliche Änderungen:
Verkehrsführung: Die Versuchsstrecke ist für den Kfz-Verkehr nur noch auf einer Fahrspur pro Richtung befahrbar. Die jeweils rechte Fahrspur ist ausschließlich für den Radverkehr sowie für den Linienbusverkehr vorgesehen. Die ehemaligen Radwege sind als Gehwege ausgewiesen.
Linksabbiegen: Das Linksabbiegen ist auf dem gesamten Streckenabschnitt von der Krempelsdorfer Allee/Stockelsdorfer Straße bis zur Bahnhofsbrücke sowie auf einmündenden sogenannten Rippenstraßen untersagt. Ein Linksabbiegen ist nur bei signalisierten Kreuzungen und an der Dornbreite erlaubt.
Radverkehr: Der Radverkehr wird auf breiten Radfahrstreifen geführt, auf denen auch Linienbusse fahren dürfen. Radfahrer:innen, die geradeaus fahren, nutzen diesen durchgängig. Abbiegende Radfahrende können vor der jeweiligen Kreuzung bzw. Einmündung an gekennzeichneten Stellen auf den Gehweg wechseln. Ansonsten ist das Befahren des Gehwegs von Radfahrer:innen nur an solchen Abschnitten erlaubt, die mit dem Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ beschildert sind. Eine maximale Geschwindigkeit von 10 km/h (Schritttempo) darf dabei nicht überschritten werden. Radfahrer:innen müssen auf Fußgänger:innen besondere Rücksicht nehmen.
Lieferverkehr: Das Be- und Entladen auf der Fahrbahn oder dem Radfahrstreifen ist untersagt und nur auf dem Seitenstreifen möglich.
Parken ist erlaubt:
- an den Werktagen im Bereich der Fackenburger tagsüber von 9 bis 18 Uhr an ausgewiesenen Stellen für maximal eine Stunde
- an den Werktagen im Bereich der Krempelsdorfer Allee tagsüber von 9 bis 18 Uhr an ausgewiesenen Stellen für maximal zwei Stunden
- über Nacht von 18 bis 9 Uhr an den ausgewiesenen Stellen
- ganztägig an den Sonn- und Feiertagen.
Eine Übersicht über die Parkflächen und -regelungen ist auf der Projektwebsite unter www.luebeck.de/verkehrsversuch einsehbar.
Alle verkehrlichen Änderungen sind anhand von Markierungen beziehungsweise Verkehrsschildern ausgewiesen. Weitere Informationen zu den Maßnahmen des Verkehrsversuches sowie aktuelle Meldungen können auf der Projektwebsite unter www.luebeck.de/verkehrsversuch nachgelesen werden.
Lärm, Luft und Klimaschutz
Die strategischen Lärmkarten für das Lübecker Stadtgebiet zeigen, dass deutlich über 600 Anwohner:innen der Fackenburger Allee ganztags erhöhten Lärmbelastungen – das heißt über 65 dB(A) – ausgesetzt sind. Eine Dauerbelastung mit diesem Lärmpegel (chronischer Lärmstress) kann gesundheitliche Folgeerscheinungen wie z.B. die Risikoerhöhung von Herz- und Kreislauferkrankungen nach sich ziehen. Durch den Rückbau der Fahrspuren wird eine Abnahme der Lärmbelastung erwartet, einerseits durch einen Rückgang des motorisierten Verkehrs, andererseits durch die Vergrößerung des Abstands der Fahrspuren zu den Hausfassaden und Gehwegen.
Stickstoffdioxid ist ein gesundheitsschädlicher Stoff im Abgas, dessen Konzentrationen mit steigender Entfernung von der Fahrbahn schnell abnimmt. Im Rahmen der Luftüberwachung wird auch in der Fackenburger Allee kontinuierlich die Konzentration von Stickoxiden gemessen. In der Vergangenheit wurden hier, im Vergleich zu vielen anderen Straßen unserer Stadt, relativ hohe Werte registriert. Im Rahmen des Verkehrsversuchs wird mit einem Rückgang der Schadstoffbelastung gerechnet.
Bis 2030 soll der Verbrauch von fossilen Kraftstoffen im Stadtgebiet etwa halbiert werden. Für viele Fahrten in Lübeck ist das Fahrrad eine klimafreundliche und gesunde Alternative. Deshalb wird die Förderung des Radverkehrs im Masterplan Klimaschutz einen hohen Stellenwert haben. Die Neuverteilung des Straßenraums zu Gunsten des Umweltverbunds ist dabei ein zentrales Instrument, um die Sicherheit für das Radfahren zu erhöhen.
Erkenntnisse fließen in den Verkehrsentwicklungsplan ein
Im Anschluss an den Verkehrsversuch werden die gewonnen Erkenntnisse umfassend evaluiert und von einem externen Planungsbüro ausgewertet. „In der Evaluation werden verschiedene Fragestellungen zum Mobilitätsverhalten, zur Verkehrssicherheit und -entwicklung sowie zur Luftqualität und zum Lärmschutz beleuchtet“, erläutert Lübecks Verkehrswendebeauftragter Michael Stödter. Hierbei kommen mehrere Auswertungsmethoden zum Einsatz. Unter anderem hat die Stadt Lübeck vor Beginn des Versuches Verkehrsdaten erhoben. Weitere Erhebungen werden während des Projektzeitraumes und nach Versuchsende durchgeführt.
Die Ergebnisse der Evaluation fließen in einen sogenannten Verkehrsentwicklungsplan ein: „Somit erarbeiten wir eine Strategie, wie wir den Verkehr in Lübeck zukünftig gestalten möchten. Dieser ‚Zukunftsfahrplan‘ soll die Mobilitätsbedürfnisse aller Lübeckerinnen und Lübecker nachhaltig, sicher und wirtschaftlich abdecken“, betont Hagen.
Website und E-Mail-Kontakt für Bürger:innen
Zur umfassenden Information der Lübecker:innen wurde die Projektseite www.luebeck.de/verkehrsversuch sowie zur Kontaktaufnahme bei Fragen die E-Mail-Adresse verkehrsversuch@luebeck.de eingerichtet. Bürger:innen können auf diesem Weg ihre Fragen rund um das Projekt stellen und Auskünfte erhalten.
Hintergrund: Verkehrsversuch Fackenburger Allee
Die Fackenburger Allee ist eine vierspurige Verkehrsstraße und Haupteinfallstor in die Lübecker Innenstadt. Mit zwei Fahrstreifen für jede Richtung weist sie eine hohe Belastung durch Kfz-Verkehr auf. Mit einem Verkehrsversuch von der Krempelsdorfer Allee/Stockelsdorfer Straße bis hin zur Bahnhofsbrücke soll der Verkehrsraum neu verteilt und insbesondere dem Rad- und Fußverkehr mehr Sicherheit eingeräumt werden. Die erste Phase des Versuchs beginnt am 22. Juli 2022 und endet im Dezember 2022. Eine zweite Phase soll von Dezember 2022 bis Ende März 2023 stattfinden. Der Verkehrsversuch wird umfassend beobachtet und nach seinem Abschluss bewertet.