HomeKircheStockelsdorf

Stockelsdorfer Konfirmanden enthüllen neuen Grabstein für Zwangsarbeiter

Alle Konfirmandinnen und Konfirmanden (bis auf einen Krankheitsausfall) von Pastorin Almuth Jürgensen, die noch in diesem Monat konfirmiert werden, waren auf den Stockelsdorfer Friedhof gekommen. Gemeinsam lasen sie die Ergebnisse ihrer Recherchen zu Anton Kolbergs Leben vor und enthüllten einen Grabstein. Warum ausgerechnet Anton Kolberg? 

Anton Kolberg war so alt wie sie jetzt, als er deportiert wurde und nach Stockelsdorf kam, damals im 2. Weltkrieg. Er kam in Zwangsarbeit auf den Hof von Willy Evers. Auf diesem Gelände steht heute die Erich Kästner Grundschule. Es existiert ein altes Foto von seinem Grab und sechs um ihn trauernden jungen Frauen, bei allen ist der Aufnäher für Zwangsarbeiter an der Kleidung zu erkennen.

Was hätte er sich wohl gewünscht? Wie erging es ihm? Im Konfirmandenunterricht und manchmal auch darüber hinaus haben sie sich mit seinem kurzen Leben beschäftigt, das im Februar 1925 im heutigen Posen begann und im Februar 1941 in Stockelsdorf endete. Sie haben seine Sterbeurkunde beim Standesamt eingesehen, dort stand „Tod durch akute Herzschwäche“, sie lasen jedoch bei Porta Polonica (https://www.porta-polonica.de/de), dass er an einer Kohlenmonoxidvergiftung starb, wahrscheinlich war der undichte Ofen Schuld. 

Gemeinsam verlasen sie am jetzigen Grab, was sie alles herausgefunden haben über Anton Kolberg, wiesen auf andere Zwangsarbeiter:innen in Stockelsdorf und Ostholstein hin, beteten gemeinsam mit den anwesenden Gästen und legten sowohl für Anton Kolberg als auch für alle Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen Rosen auf sein Grab. 

Anna Ludwikowska begleitete die Zeremonie musikalisch und half hier und dort mit einer polnischen Übersetzung aus. Für ihre Bemühungen um Anton Kolberg erhielten die Konfirmandinnen und Konfirmanden Dank und Anerkennung von  Kreispräsident Harald Werner, Bürgervorsteher Manfred Beckmann, Dr. Katja Happe von der KZ Gedenkstätte Ladelund (https://kz-gedenkstaette-ladelund.de/) und Dr. Jacek Barski von Porta Polonica.

Die Friedhofsleiterin Christine Schaeper hatte in Büchern entdeckt, dass eben jener Zwangsarbeiter Anton Kolberg auf dem Stockelsdorfer Friedhof begraben wurde. Statt einfach nur einen neuen Grabstein zu organisieren, wurden die Jugendlichen mit einbezogen. Dank der großzügigen Finanzierung der Friedrich Bluhme und Else Jebsen Stiftung und der Unterstützung durch Steinmetz Sven Lindhorst findet nun wieder jeder Besucher das Grab.

Auf die Frage, ob es sie belastet hat und sie lieber einiges nicht gewußt hätten, weil es doch ein düsteres Thema ist, war die einhellige Meinung: “Nein, es ist wichtig das zu wissen!. Wir sind froh, dass wir das gemacht haben.“

So feilten sie denn auch lange an der Inschrift für den neuen Grabstein. Klar waren die Daten zu Anton Kolberg, aber das Grab sollte stellvertretend für alle damaligen und jetzigen Zwangsarbeiter:innen sein.  Zur Inschrift ‘Nie wieder Krieg!‘ auf dem neuen Stein sagten sie: “Wir glauben, dass wir wegen des Ukraine-Kriegs jetzt einen anderen Satz genommen hätten – z.B. ‘Wir bitten um ewigen Frieden‘. Aber er ist trotzdem passend, weil er unseren Wunsch unterstützt, dass der Ukraine-Krieg aufhört.”

Download als PDF

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"