Wieder mehr Verkehrsunfälle mit Kindern
Zunahme der Verkehrsunfallbeteiligung bei Kindern und insgesamt mehr tödliche Verkehrsunfälle – Innenministerin Sütterlin-Waack stellt gemeinsam mit Leitendem Polizeidirektor Garschke den Verkehrssicherheitsbericht für 2022 vor
Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack hat heute (20. März 2023) gemeinsam mit dem Leiter der Abteilung “Polizeiliches Management” im Landespolizeiamt, dem Leitenden Polizeidirektor Ralf Garschke, den Verkehrssicherheitsbericht für das Jahr 2022 vorgestellt.
“102 Menschen kamen im vergangenen Jahr ums Leben, weil sie selbst oder andere Unfallverursacher zu schnell unterwegs, unaufmerksam, abgelenkt oder berauscht waren. Das ist besonders tragisch, weil hinter jedem Getöteten Familien, Angehörige, Freundinnen und Freunde stehen, die mit diesem Schicksalsschlag umgehen müssen”, sagte die Ministerin.
Es haben sich wieder mehr polizeilich registrierte Verkehrsunfälle in Schleswig-Holstein ereignet. In den durch die Corona-Pandemie geprägten Jahren 2020 und 2021 hat die Mobilität aufgrund verschiedener Faktoren wie Lock-Downs, Heimarbeitsplatzregelungen aber auch eingeschränkter Freizeit- und Reisemöglichkeiten deutlich nachgelassen. Im Jahr 2022 wurden die Einschränkungen sukzessive zurückgenommen und die Mobilität der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner hat wieder zugenommen.
Dazu Sütterlin-Waack: “Die Unfallzahlen nähern sich nun in vielen Bereichen wieder denen des vorpandemischen Jahres 2019 an. Im letzten Jahr haben sich insgesamt 82.884 Verkehrsunfälle auf den schleswig-holsteinischen Straßen ereignet. Das sind 1,1 % mehr, als im Jahr davor. Insgesamt wurden 14569 Personen verletzt, davon 1948 schwer.”
Hauptunfallursachen sind Verstöße beim Abbiegen und bei der Vorfahrt, zu hohe Geschwindigkeiten sowie nicht eingehaltene Abstände. Daher appellierte die Ministerin an die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner zur gegenseitigen Rücksichtnahme: “Gerade in Zeiten, in denen wir immer mobiler werden und mit immer vielfältigeren Verkehrsmitteln unterwegs sind, ob zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem Auto, oder aber auch mit dem E-Roller oder dem Pedelec, sollten wir alle ein Stück weit mehr aufeinander achten und aufpassen.”
Im Hinblick auf die Verkehrsunfallbeteiligung von Kindern sind die Zahlen alarmierend. Mit 1.231 bleibt die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Kindern immer noch unter dem Wert aus dem Jahr 2019 vor der Pandemie. Allerdings erhöht sich die Anzahl um +18,5 % im Vergleich zum historischen Tiefstand in 2021. Es sind auch mehr Kinder im Jahr 2022 schwer verletzt worden, nämlich 108, was eine Steigerung von +4,3 % zum Jahr 2021 ergibt. Zwei Kinder verstarben im Straßenverkehr. Ein Kind nahm mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teil und ein Kind zu Fuß. Die höchste Zunahme an verunglückten Kindern wurde in der Alterskategorie der 6 bis unter 10jährigen festgestellt (+45,2 %). In der Alterskategorie der 10 bis unter 15jährigen wurden 23,9 % mehr Verunglückte registriert. Jedes vierte Kind, das mit dem Fahrrad verunglückte, war alleinbeteiligt, das heißt es verlor die Kontrolle über das Fahrrad und stürzte ohne Fremdeinwirkung und ohne Andere zu schädigen, beispielsweise aufgrund von Unaufmerksamkeit, zu hoher Geschwindigkeit oder eines technischen Mangels.
Auch hier fand die Ministerin deutliche Worte: “Die Frühförderung zur Teilnahme am Straßenverkehr ist immens wichtig. Wir müssen unsere Kinder für den Straßenverkehr fit machen. Üben Sie mit Ihren Kindern den Schulweg. Gehen Sie die Strecke ab oder fahren Sie die Strecke mit dem Fahrrad und weisen Sie Ihre Kinder auf die gefährlichen Stellen hin. Das gilt nicht nur für die Grundschule, sondern vor allem auch für den Schulweg zur neuen weiterführenden Schule. Die Kinder haben dann oftmals erstmalig eine ungewohnt weite Entfernung zur neuen Gemeinschaftsschule oder zum Gymnasium zu bewältigen. Das Erlernen der Verkehrsregeln, psychomotorischen Leistungen, wie Gleichgewicht halten, Lenken, Bremsen und Kurven fahren ist für Schulkinder von elementarer Bedeutung.”
Die Anzahl der sogenannten Elektrokleinstfahrzeuge, besser bekannt als “E-Roller”, hat sich im Verkehrsraum in den vergangenen 3 Jahren stark erhöht. Das spiegelt sich sehr deutlich in den Verkehrsunfallzahlen des Jahres 2022 wider. Seitdem Anfang 2020 die neuen Verkehrsbeteiligungsarten für E-Roller in die Verkehrsunfallstatistik aufgenommen wurden, haben sich die Verkehrsunfallzahlen fast verfünffacht. Wurden 2020 noch 92 Verkehrsunfälle gezählt, so waren es 2022 insgesamt 442 Verkehrsunfälle (2021: 282).
In 69,7 % der Verkehrsunfälle unter Beteiligung von E-Rollern wurden die Fahrerinnen und Fahrer als Unfallverursacher festgestellt. In 33 % der Fälle entsprachen die Fahrzeuge nicht den technischen Voraussetzungen der Elektrokleinstfahrzeugeverordnung.
Die falsche Straßenbenutzung und der Einfluss von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln stellen die Hauptunfallursachen dar. E-Roller dürfen überall dort gefahren werden, wo auch Radfahrer unterwegs sind. Sie sind als Kraftfahrzeuge eingestuft und die Promillegrenzen sind die gleichen wie beim Autofahren und nicht wie bei Fahrrädern.
Dazu Sütterlin-Waack: “Das Hauptproblem bei der Benutzung von E-Rollern ist die sogenannte „letzte Meile“. Nach einem geselligen Abend und Alkoholkonsum fährt man mit dem Zug oder dem Bus nach Hause und nimmt sich dann für die letzten Meter bis zur eigenen Haustür einen E-Roller. Das ist gefährlich, meine Damen und Herren! Bleiben Sie nüchtern und fahren Sie mit dem E-Roller auf Radwegen. Nehmen Sie Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer und schauen Sie lieber drei Mal, bevor Sie eine Straße überqueren.”
Bei den jungen Fahrern (der Altersgruppe der 18-25jährigen) ist ein erfreulicher Rückgang bei den Verkehrsunfallbeteiligungen zu verzeichnen. Sie zählen aber weiterhin zu den Risikogruppen, denn deutlich über 10 % aller qualifizierten Verkehrsunfälle werden durch junge Fahrer verursacht.
Für den leitenden Polizeidirektor Ralf Garschke, bleibt es Auftrag und Ansporn, durch Überwachung und Prävention das Leid und die schwerwiegenden Folgen von Verkehrsunfällen zu mindern. “Verkehrssicherheitsarbeit bleibt polizeiliche Kernaufgabe! Die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer bleiben aufgerufen, durch aufmerksames, besonnenes und rücksichtsvolles Verhalten, ihren entscheidenden Anteil zur Verkehrssicherheit beizutragen. Das wird auch zukünftig der bestimmende Erfolgsfaktor bleiben, unseren Verkehrsraum sicherer zu machen”, sagte Garschke.
Den Verkehrssicherheitsbericht 2022 können Sie unter folgendem Link downloaden: Verkehrssicherheitsbericht 2022