Digitaler Landesbauerntag mit geladenen Rednern – erstmals auch WWF dabei
“Ich bin verärgert, ich bin enttäuscht und ich bin ernüchtert“, fängt der Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein Werner Schwarz seine Rede auf dem virtuellen Landesbauerntag SH am 4. September an.
Aber zum Glück fährt er fort:“Aber ich bin nicht frustriert und nicht bereit aufzugeben.“
Er ärgert sich darüber, dass maßgebliche Stellen in der Bundes-Politik nicht mit den Landwirten in Dialog treten, über die NGOs, die geradezu Jagd auf Bauern machen würden und andauernd nur Kritik äußern. Das sei nicht gerade motivierend. Enttäuscht ist er darüber, “dass Medien dieses Spiel mitspielen“. Ernüchtert ist er, da es sich gezeigt hat, dass es nicht reicht aufzuklären und Fakten darzulegen, um die Meinung gegen die Landwirtschat zu ändern.
Trotzdem seien Biodiversität, Tierwohl, Gewässerschutz und Klimaschutz auch Themen, die Landwirte interessieren. “Deshalb müssen wir uns mit diesen Forderungen auseinandersetzen und sehen, was wir davon erfüllen können“, fordert er seine Kollegen auf.
Aber es bewegt sich ja schon einiges. Schwarz verwies auf Fortschritte in der Landwirtschaft und nannte als Beispiel einen massiven Rückgang beim Einsatz von Antibiotika.
Erstmal war auch die Umweltorganisation WWF mit dabei. Der Deutschland-Vorsitzende Valentin von Massow betonte, Lanwirtschaft sei für den WWF kein Feindbild. Es gehe um die Harmonie von Mensch und Natur; notwendig seien wissenschaftsbasierte Lösungen. Im Grunde seien Umweltschützer und Landwirte in den Zielvorstellungen viel weiter beieinander als gedacht. Er freute sich über diese Weltpremiere, dass der Bauernverband den WWF anhöre.
Auch Regierungschef Günther plädierte dafür, Probleme im Diskurs aufzulösen. So gehe es darum, Umweltmaßnahmen durchzusetzen, die auch im Interesse der Landwirte seien. Er habe dafür Verständnis, dass wenn zum Beispiel ein Landwirt 2016 einen neuen Stall gebaut habe und die Politik jetzt neue Anforderungen stelle, das zu Frust führe.
Unter Hinweis auf Düngemittel- und Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung beklagte auch Landwirtschaftskammer-Präsidentin Ute Volquardsen, politische Entscheidungen fielen in zu kurzer Abfolge.
Das konnte man bei allen Rednern raushören: Die Ziele müssen vorausschauender gesetzt werden, weil die Landwirtschaft nicht von heut auf morgen umschwenken kann. Das Bild, die Interessenvertreter der Landwirtschaft hätten sich “ins Knie geschossen” mit der Haltung, der Klimawandel gehe sie nichts an von von Massow, war Schwarz dann doch zu drastisch und er relativierte: “Wir haben uns eingemauert, das ist richtig.“
Die Zeit wird zeigen, wie weit sich beide annähern können. Aber auch der Verbraucher ist gefragt. Billiges Fleisch und Tierwohl schließen sich aus. Die Moral darf nicht an der Ladentheke enden (frei nach Schwarz formuliert).