Landrat lenkt ein
Kreis strebt keine "aktive Rückführung" der vier vietnamesichen Kinder mehr an
Kreis Ostholstein
(Foto: Jörg Schiessler/Stodo.NEWS)
Im Oktober 2022 tötete ein Vater die Mutter von vier Kindern vor ihren Augen in Bad Schwartau. Der Vater sitzt im Gefängnis, das Aufenthaltsrecht der Kinder in Deutschland war an die vietnamesische Mutter gekoppelt. Die Kinder leben jetzt bei drei benachbarten Pflegefamilien. Der Kreis Ostholstein hatte allerdings nach Rechtslage entschieden, die Kinder nach Vietnam "zurückzuführen", was einen großen Aufschrei in der Bevölkerung verursachte. Nun lenkt der Landrat ein.
Landrat Timo Gaarz gibt folgende persönliche Erklärung zu dem aktuellen Einzelfall der vier vietnamesischen Kinder ab:

„Ich habe heute, wie angekündigt, ein Gespräch mit den Pflegefamilien der vier vietnamesischen Kinder geführt. Ganz bewusst habe ich diesen Termin abgewartet, um mich mit den Pflegeeltern in der Sache auszutauschen und die rechtlichen Rahmenbedingungen des Kreises Ostholstein darzustellen. Auch die Teilnahme der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein habe ich bewusst zugelassen. Ich habe in diesem Gespräch nochmals deutlich gemacht, dass ich für Transparenz bei Entscheidungen in Verwaltungsverfahren stehe.

Die Sach- und Rechtslage dieses komplexen und emotionsgeladenen Sachverhaltes hat meine Kreisverwaltung vollumfänglich richtig eingeordnet und geprüft. In diesem Zusammenhang stelle ich mich ausdrücklich vor die Kolleginnen und Kollegen, die in diesem Sachverhalt als zuständige Behörden beteiligt waren. Sie haben alle relevanten Belange des Kindeswohls, des Familienrechts und des Aufenthaltsrechts intensiv und regelmäßig geprüft und abgewogen.

Dennoch war bekannt, dass ich mir eine Einzelfallentscheidung als Landrat vorbehalte und das heutige Gespräch mit den Pflegefamilien abwarte. Nach meiner Einschätzung klaffen die Sach- und Rechtslage und die Realität der Kinder auseinander. Aus meiner Sicht ist dieser besondere Einzelfall in seiner Ausgestaltung und durch die persönliche Familientragödie nicht einwandfrei einzuordnen. Aus diesem Grunde habe ich heute als Landrat eine Einzelfallentscheidung getroffen und zwar, dass keine aktive Rückführung nach Vietnam durch den Kreis Ostholstein erfolgen wird. Diese Entscheidung habe ich den Pflegefamilien heute in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt.

Das weitere Verfahren ist abhängig von den Entscheidungen des Familiengerichts.

Ich bin erschrocken über die persönlichen Anfeindungen gegenüber mir und der Verwaltung. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass ich mich in dieses Verfahren bewusst eingebracht und bereits im Vorwege kommuniziert habe, dass ich mir nach dem heutigen Gespräch eine Einzelfallentscheidung vorbehalte und treffen werde.“
Quelle: Kreis OH / Red.